Das Glück muss man sich erarbeiten

Achill unter den Mädchen – Prinzregententheater München – Theater Akademie – 17.3.2023

Trailer Theater Akadmie August Everding

Es war eine gute Fügung für das Münchner Musikleben als die Theaterakademie August Everding 1993 in das Prinzregententheater einziehen durfte. Sie ist mit ihren acht Studiengängen die größte Ausbildungsstätte für Bühnenberufe im deutschsprachigen Raum. In einem solch großartigen Theaterbau studieren zu können, ist wahrhaft ein Geschenk. Kunst gedeiht am besten in einem inspirierenden Umfeld, zudem zählt das Haus sicherlich zu den schönsten Theaterbauten im Land. Durchschnittlich werden mit den Studierenden pro Studienjahr über 40 Produktionen erarbeitet. Der Talentpool ist groß, das konnte man auch kürzlich wieder beim Open House erleben. Bei Opernproduktionen setzt man gerne auf zeitgenössische Werke, als Partner im Orchestergraben steht den Studierenden das Münchner Rundfunkorchester zur Verfügung. Also beste Bedingungen, die letzte Woche bei der Premiere der Oper von Wolfgang-Andreas Schultz (*1948 in Hamburg) Achill unter den Mädchen, einen wichtigen Bonuspunkt einbrachten.

Das Sujet ist nicht unbekannt, schon Händel schrieb darüber eine Oper, die in der Spielzeit 1958/59 ebenfalls im Prinzregententheater aufgeführt wurde. Schultz und sein Librettist Hanns-Josef Ortheil schrieben die Oper 1997 für das Haus in Kassel, in München sah man nun die 2. Inszenierung. Handlung: Der junge Achill, dessen Tod als Krieger seiner Mutter, der Meeresnymphe Thetis, geweihsagt wurde, wird von derselben auf die Insel Skyros gebracht und als Mädchen verkleidet unter den Töchtern des Königs Lykomedes versteckt. Doch seinem Schicksal kann man nicht entrinnen. Achill – der Held – wird von Odysseus gesucht, letztendlich in der Frauenidylle aufgespürt und in den Trojanischen Krieg ‚entführt‘.

Das vereinfachte Libretto, die Handlung umfasst nur einen Tag, beginnt mit der Liebesgeschichte zwischen Achill und Deidamia: Urlaubsidylle auf einer griechischen Insel, die von der Ankunft Odysseus’ aufgewirbelt wird, Strandidylle, am Abend plant man ein Theaterstück (Acis und Galatea), danach der traurige Abschied.

Die etwas spröde Inszenierung von Franziska Severin, Bühne und Kostüme Jürgen Franz Kriner, verlangt szenischen Gestaltungswillen. Auch gesanglich muss man höchst konzentriert agieren, die Partitur hilft nur wenig. Wenngleich die Klangssprache nicht dissonant, sondern leicht und durchsichtig wirkt, sind die Protagonisten dennoch gefordert Spannung auf der ‚einsamen Insel‘ aufzubauen. Eine Feuerprobe, die alle grandios bestehen mit Textverständlichkeit, Spielfreude sowie Bühnenpräsenz.

Countertenor Elmar Hauser agiert brillant mit weicher Stimme, überzeugend als Mädchen sowie als junger Held Achill, der nur schwer auf die wunderschöne Deidamia verzichten vermag. Mezzosopranistin Klara Brockhaus, mit viel Farbe und lyrischer Höhe, macht es ihm auch nicht leicht, gerne würde man beide als antikes Traumpaar erleben, doch Störenfried Odysseus verhindert es. Bariton Isaac Tolley zeigt uns mit kraftvoller Stimme, wie man seine Forderungen durchsetzt. Sein Begleiter Phönix präsentiert sich als eine Art Genießer in allen Lebenslagen, Tenor Haozhou Hu stimmlich und darstellerisch ein Juwel. Nerea/Henrike Legner muss diesem Charme einfach erliegen, was sie mit perfekten Koloraturen auch tut. Bass Manuel Winckler ist ein großzügiger Inselvater mit sonorer Stimme. Die drei Beobachterinnen des Geschehens, alias Katya Semenisty, Elisabeth Freyhoff und Harpa Ósk Björnsdóttir, ganz in Schwarz gehüllt und immer im Hintergrund agierend,  erinnern an Wagners Nornen. Das Münchner Rundfunkorchester, Dirigent Olivier Tardy, musiziert die zuweilen minimalistisch angelegte Partitur überzeugend klangintensiv.

Midou Grossmann Copyright März 2023

https://www.theaterakademie.de/theater-erleben/stueckinfo/achill-unter-den-maedchen

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Author: Midou Grossmann

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